Was ist eine Rechenschwäche, Dyskalkulie, eine Rechenstörung?

Es gibt viele Definitionen und Beschreibungen, bei denen oft die Intentionen des Verfassers zu erkennen sind. Eine gute Beschreibung findet man auf der Homepage des Recheninstitutes "Ein beträchtlicher Prozentsatz ... der Schulkinder ist trotz schulischer Fördermaßnahmen, trotz zeitaufwändigen Übens zuhause nicht in der Lage, auch nur die grundlegenden mathematischen Kenntnisse und Fertigkeiten zu erlangen."

Jeder Versuch, eine Rechenschwäche näher einzugrenzen und diagnostizierbar zu machen, ist von vornherein sehr problematisch, da zumeist (je nach aufgestellten Kriterien) Kinder trotz massiver Probleme im Rechnen aus unterschiedlichen Gründen "durch den Rost fallen" können. In der gängigsten Grundlage einer Rechenschwächediagnostik im ICD10 der WHO ist eben genau diese Gefahr verborgen, dass aufgrund der verwendeten Diagnoseverfahren trotz anhaltender massiver Probleme in Mathematik das Kind evtl. nicht als rechenschwach diagnostiziert wird oder nach einer positiven Diagnose einer "Rechenstörung" von der diagnostizierenden Person selbst keine unterstützenden Maßnahmen angeboten werden können.

Wichtig ist eine Eingrenzung ohnehin nur, wenn dem Kind bzw. der Familie des Kindes aufgrund einer Diagnose finanzielle Unterstützung (dies ist in Österreich eigentlich nur beim Vorliegen einer Behinderung möglich) oder schulische (rechtliche, organisatorische oder inhaltliche) Berücksichtigung in Unterricht, Zusatzförderung oder eine andersgeartete Beurteilung zugestanden werden würden, was in der täglichen Praxis bislang erst in geringem Ausmaß geschieht.  

Hat mein Kind eine "Rechenschwäche"?

Dem oben Angeführten zufolge würde eine nützliche Fragestellung anders formulieren: In welchen mathematischen Grundlagenbereichen hat das Kind entscheidende (Verständnis-)Probleme, die ein gutes weiteres Vorankommen im Rechenunterricht erschweren oder sogar verunmöglichen, wie kann man dem Kind helfen und welche Fördermaßnahmen sind erforderlich.

In jedem Fall muss am Beginn jeder Betreuung eine detaillierte Diagnostik stehen, bei der nicht nur erfasste Rechenergebnisse die Basis der resultierenden Schlüsse und Maßnahmen sind, sondern auch Strategien, Fehlvorstellungen und Missverständnisse im Denken im Dialog mit dem Kind herausgearbeitet werden. Nur auf dieser Grundlage kann eine gute Förderplanung erstellt werden, die darauf abzielt, erkannte Defizite zu beheben und dort Verständnis zu erarbeiten, wo Missverständnisse vorliegen oder unverstandene Schemen eingesetzt werden.

Woher kommt eine Rechenschwäche?

Wie kann ich mein Kind unterstützen, was braucht es?

Wie lange erfordert eine individuelle Betreuung?

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Diese und viele andere Fragen werden mir häufig gestellt und zumeist sind Antworten nur ganz speziell für ein einzelnes Kind möglich und auch sinnvoll. Die Behandlung dieser und vieler anderer Fragen finden Sie auch in meinen Büchern. Ein häufig zitierter Satz lautet "Jede Rechenschwäche ist anders." Dem will ich mich anschließen. Fördermaßnahmen müssen auf das jeweilige Kind abgestimmt werden. Geschieht dies nicht, wird einfach "nur" noch intensiver geübt, was ja schon vorher nicht geklappt hat (z.B. beim Einmaleins), dann läuft man schnell Gefahr aufgrund der hohen Belastung verbunden mit der erzielten Ineffizienz auch noch die emotionale Belastung des Kindes stetig zu erhöhen. Ist dann bereits der Widerstand gegen jedes Rechnen massiv, können auch die besten Förderideen nicht mehr fruchten.